Viel Stau am Block .ARD

Mehr als einmal kam ich dort vorbei. Immer wenn der Bus der Linie 71 von Wendeschleife Stockumer-Bruch zum Rathaus Witten umgeleitet wurde, dann ging die Fahrt über den Bahnübergang Pferdebachstraße an der Bahnstrecke von Witten-Annen Nord nach Witten Hbf. Und dort stand auf einem Podest ein alter Güterwagen. "Block Ardey" stand dort auf einer blauen Tafel angeschrieben. Grund genug, um sich am Montag, den 3.Februar 1975 per Pedes aus der Stadtmitte auf den Weg zu machen und dieses altertümliche Überbleibsel einer vergangenen Zeit zu dokumentieren. Leider war ich nicht keck genug, den Schrankenwärter zu fragen, ob ich mich auf die Suche nach einem Fabrikschild machen dürfe, um das Alter dieses Wagens herauszufinden.

Wie dem auch sei, so entstand bei dieser Gelegenheit ein Bild jenes Wagens am "Block Ardey", welcher nur noch 5 Jahre zu leben hatte. Weitere Aufnahmen entstanden im Zuge der Erneuerung der Streckengleise zwischen Witten und Witten-Annen am 2.Juli 1975. Den Fenstern in der Stirnseite hatte man zwischen der ersten und zweiten Aufnahme offenbar einen weißen Anstrich gewährt. Bei der Aufnahme entlang der Strecke sieht man im Hintergrund den Viadukt des "Rheinischen Esels" von Bochum-Langendreer nach Dortmund-Löttringhausen, der bis heute existiert. Die einstige Bahnstrecke ist heute ein Radwanderweg.

   

Das letzte bekannte Bild stammt vom 2021 verstorbenen Fotografen Davide Bentivoglio der WAZ, der den Wagen 1980 kurz vor dem Abbruch ablichtete. Heute kann man es noch auf der Facebook-Seite der WAZ finden. ( (20+) Facebook )

Am 13.April 2004 waren alle Spuren getilgt. Der "Block Ardey" mit dem Kürzel .ARD existiert nicht mehr.

Doch werfen wir einen Blick in die Geschichte dieses Postens und des Bahnüberganges. Eingerichtet wurde die Betriebsstelle als Stellwerk beim km 18.32 am 21.01.1940. Zum Aussehen gibt es keine Überlieferung. Aller Wahrscheinlichkeit fiel es wie der Bahnhof Witten-Ost den Bombenangriffen am 12.November 1944 oder in der Nacht vom 18./19.März 1945 zum Opfer. Am 1.März 1952 schließlich erfolgte die Inbetriebnahme des Wagenkasten-Stellwerks, das in dieser Form bis zum September 1969 existierte. Dann wurden die von dort bedienten Formsignale abgerissen und die Betriebsstelle am 22.September 1969 in einen bis 1980 bestehenden Posten umgewandelt.

Der alte Wagen ist längst vergessen, doch der Bahnübergang hat sich über die Jahrzehnte einen Ruf als Staustelle erworben. Schlossen sich die Schranken doch immer lange vor den Zügen. Bauarbeiten wie die Gleiserneuerung von 1975 legten den Übergang immer wieder lahm. Wer in Google nach "Bahnübergang" "Pferdebachstraße" "Witten" sucht, wird Zeuge einer endlosen Leidensgeschichte. Doch immerhin - nicht nur das Ende der Bauarbeiten an der Pferdebachstraße konnte mit einem Quartierfest am 9.Juni 2024 nach über 5 Jahren gefeiert geben. Es gab auch einen vielversprechenden Ausblick in die Zukunft. Denn dort, wo einst der alte Wagen stand, soll ein Haltepunkt "Universität" entstehen. ( Witten: 2025 Baubeginn für neuen S-Bahnhof Pferdebachstraße (waz.de) ) Er wird nicht nur den Zugang zur Universität erleichtern, sondern auch zu den Kliniken. Die lassen sich dann vor dort ebenso leicht erreichen wie einst vom Bahnhof Witten-Ost. Wobei dieser an einer Nebenbahn lag und keinen Zugang zu größeren Städten hatte. Der Haltepunkt Universität hingegen ist von Dortmund und Hagen dann direkt erreichbar. Und mit dem Betriebszustand "Studie" gibt es sie wieder - die Betriebsstelle Witten-Pferdebachstraße. Das passt ohnehin besser als "Block Ardey", dessen namengebendes Gebirge ohnehin meilenweit von dort entfernt lag.

Eine alte Luftaufnahme aus den Jahren 1925/30 der Gesamtsituation zwischen dem Bahnübergang an der Pferdebachstraße (oben, etwa Bildmitte) und dem Bahnhof Witten-Ost (unten). In der modernen Vergleichsaufnahme von 2022/23  ist die Kreuzung der Strecke von Witten-Annen Nord nach Witten Hbf unverändert vorhanden. Der Bahnhof Witten-Ost hingegen ist vollständig verschwunden. Beide Luftbilder entstammen den im Internet verfügbaren Luftbildern des Regionalverbandes Ruhr.

Hans Kobschätzky

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